Samstag, 31. Oktober 2015

31. Okt. 2015 - "Kann man so eine schwere Diagnose jemals annehmen?"

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 31. Oktober
"Kann man so eine schwere Diagnose jemals annehmen?"


Obwohl sich der schreckliche "Diagnose-Tag" heuer im Juni schon zum 9ten Mal gejährt hat, können wir darauf noch immer keine explizite Antwort geben. 

Vielleicht können wir diese schreckliche Diagnose nie komplett annehmen, aber wir haben gelernt, damit zu leben. Genau wie Isabella selbst auch lernt, damit zu leben. Momentan scheint sie selber damit halbwegs zurecht zu kommen, mal schauen, was die Jahre der Pubertät so bringen werden.

Isabellas schwere Behinderung namens Rett-Syndrom ist eine Diagnose. Diese Worte sagen aber nichts aus über ihren Charakter, ihre Lebenseinstellung oder ihre Vorlieben. Sie sagen auch nichts aus über ihrere unendliche Geduld mit dieser Behinderung leben zu müssen, ihre unendliche Zuneigung, ihr liebenswertes Wesen und ihren inneren Sonnenschein.

Wir lieben unsere Tochter Isabella über alles. 
Das Rett-Syndrom ist ein Teil von ihr, den sich freilich keiner so gewünscht hat.

Wir wünschten uns Kinder - wir bekamen drei wundervolle Kinder, die wir lieben mit all ihren Besonderheiten. Ist es nicht selbstverständlich unsere Kinder einfach zu lieben - genauso zu lieben wie sie eben sind?

Und so ist es selbstverständlich, unsere älteste Tochter einfach zu lieben - genauso zu lieben wie sie eben ist.

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Anstatt mit dir zu gehen,
werden wir mit dir kriechen.

Anstatt mit dir zu reden,
werden wir andere Wege finden, 
um mit dir zu kommunizieren.

Anstatt uns darauf zu konzentrieren,
was du nicht kannst,
werden wir dich für das, was du kannst 
mit Liebe belohnen. 

Anstatt dich zu isolieren, 
werden wir Abenteuer für dich erschaffen. 

Anstatt dich zu bemitleiden, 
werden wir dich achten.

(Verfasser unbekannt, entnommen aus dem Rett-Syndrom-Handbuch von Kathy Hunter)



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Mit diesem wunderbaren Text beenden wir auch diesmal wieder das Rett-Syndrom-Awareness Monat Oktober 2015 - heuer unter dem Motto "31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett".

Wir sagen DANKE für die vielen PNs, Kommentare oder e-mails und natürlich auch für das Teilen unserer Blog-Beiträge auf verschiedensten Social-Media-Kanälen. 

Helfen wir zusammen, das Rett-Syndrom bekannter zu machen! 

DANKE



Freitag, 30. Oktober 2015

30. Oktober - Gibt es ein gutes Video zum Rett-Syndrom?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 28. Oktober
"Gibt es ein gutes Video zum Rett-Syndrom?"


Ja, nicht nur eines, aber dieses finden wir äußerst gelungen - ein großes DANKE an die deutsche Rett-Elternhilfe, die neben der ÖRSG auch immer für uns da ist und uns eine große und wichtige Austauschplattform für uns mit vielen deutschprachigen Familien bietet!

Donnerstag, 29. Oktober 2015

29. Oktober - Was versteht Isabella?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 28. Oktober
"Was oder wieviel versteht Isabella wirklich?"


"Und wenn Isabella nicht sprechen kann, versteht sie, was um sie herum passiert?" so oder ähnliche Fragen werden uns immer wieder gestellt. Wer nicht sprechen kann, dem wird oft "unterstellt", dass er/sie auch nichts versteht. 


Kurz gesagt: Der Input funktioniert - nur der Output ist "gestört" - aber die Tagesverfassung (Epilepsie, Gleichgewicht, Schmerzen, ...) bestimmt, wie gut der Input funktioniert.

Was heißt das nun für Isabella und viele andere Rett-PatientInnen in der Praxis? 
Bevor das Rett-Syndrom zwischen 6. und 18. Lebensmonat ausbricht, entspricht die Kommunikationsentwicklung der meisten Kinder mit Rett-Syndrom allen anderen "normal entwickelten" Kindern. Sie zeigen normale Kontakt- und Äußerungsbereitschaft, zeigen ihren Wunsch nach Zuwendung zB durch ausgestreckte Arme und reagieren angemessen auf das verbale und nonverbale Kontaktverhalten der Eltern und anderen Bezugspersonen.
Manche der Kinder waren aber in diesem Alter sehr ruhige Kinder, zeigen wenig oder gar keine Initiative zur Kontaktaufnahme. 

Die meisten Kinder durchlaufen dann auch eine altersgemäße lautsprachliche Entwicklung, dh es kommt zu den Kleinkinder-typischen Lall-Lauten, und manche Rett-Kinder erlernen sogar auch einige Worte zu sprechen und sinnvoll einzusetzen! --> hier erlernen die Kinder "wie Kommunikation funktioniert!"

ABER wie gemein!: Genau zu diesem Zeitpunkt der ersten Worte bricht das Rett-Syndrom aus (zw. 6. und 18. Lebensmonat). In diesem typischen ersten Stadium kommt es zum Verlangsamung der kompletten motorischen Entwicklung, erste stereotypische Handbewegungen können auftreten. Meist wird jetzt erstmals die Diagnose "Entwicklungsverzögerung" gestellt. 

Es beginnt der sogenannte "Sprach- und Kommunikationszerfall": Wenn bis zu diesem Zeitpunkt das Kind einige Worte erlernt hat, kommt es dann im Rahmen des ersten oder zweiten Stadiums zu "sprechmotorischen Blockierungen als Folge der verbalen Apraxie" - dh ersten Rückschritten - dh das Kind verlernt zu sprechen. 

Oder: das Kind hat Zeit ihres Lebens nie "richtige Worte" produzieren können (so wars zB bei unserer Isabella - sie hat noch nie ein Wort gesprochen, nur wenig "gelallt" ...) - und nein "nicht einmal 'Mama' oder ähnliche einfache Worte" - das werden wir auch oft gefragt :(

Das Sprach- und Kommunikationsniveau ist bei den Kindern individuell sehr unterschiedlich. Die große Streubreite lässt sich damit erklären, dass die Erkrankung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausbrechen kann. 

ABER: 
Obwohl unsere Kinder über keinerlei Möglichkeiten für Lautsprache verfügen, können sie immer wieder zeigen, dass sie Handlungsabläufe, Äußerungen, Gespräche oder Witze sehr wohl verstehen und auch das System Kommunikation verstanden haben. 

Einige Bespiele von Isabella (ohne Techniken der UK): 
  • ein Lachanfall an der richtige Stelle eines Filmes
  • Abendessen - Isa mag nichts mehr essen, die Schwester fragt sie: "Magst du bei meiner Schokolade abbeißen?" (ohne etwas zu zeigen) - dicker Grinser in Isabellas Gesicht 
  • freudige Erregung mit Hände-fuchteln und dickem Grinser wenn wir von der Therapie KidsChance in Bad Radkersburg sprechen 
 ABER auch das gehört dazu:
  • dicke Krokodils-Tränen, wenn wir als Eltern neben unserer Tochter jemanden erklären, was das Rett-Syndrom ist 

Also zusammengefasst:

Heute nicht mehr gültig sind Aussagen älterer Literatur 
  • Rett-Kinder haben alle eine "schwere geistige Behinderung" und es ist "keinerlei Kommunikation möglich" ... mit den damaligen nicht vorhandenen technischen Möglichkeiten konnten die damaligen Rett-Kinder ihr wahres Potential nicht zeigen ...
Richtig ist:
  • ist die Tagesverfassung gut, verstehen Rett-PatientInnen sehr viel oder alles - aber die kognitiven Voraussetzungen sind - wie bei allen Menschengruppierungen - unterschiedlich
  • die heutigen technischen Möglichkeiten von Unterstützter Kommunikation (Augensteuerung, Kopfsteuerung, Taster, ...) eröffnen enorm viele Chancen für die Rett-PatientInnen zu zeigen/beweisen, dass sie wirklich viel verstehen
  • Elternberichte aber auch Berichte von Fachpersonal (SonderpädagogInnen, TherapeutInnen, ... usw) in unterschiedlichen Medien zeigen, wieviel Rett-PatientInnen verstehen und wieviel Kommunikation tatsächlich möglich ist 
Nur beispielhaft seien hier folgende aktuelle Literatur-Tipps genannt:


vonLoeper Fachbuch "Augenblicke – Unterstützte Kommunikation und Rett-Syndrom"
http://www.akuk-online.de/index.php/akuk/10-unsere-arbeit/207-augenblicke

Fachzeitschrift "isaac's Zeitung Unterstützte Kommunikation - Kopf- und Augensteuerung" Ausgabe 4/2011

Fachzeitschrift "isaac's Zeitung Unterstützte Kommunikation - UK bei Rett-Syndrom" Ausgabe 4/2004

"Kommunikative Bedürfnisse und Unterstützungsmöglichkeiten bei Mädchen und Frauen mit Rett-Syndrom" Wissenschaftliceh Hausarbeit von Ilka Felgenhauer 

Möglichkeiten und Probleme in der Kommunikation von Mädchen mit Rett-Syndrom und ihre Konsequenzen für die pädagogische Arbeit von Claudia Winkler, 2008




Mehr Eltern-Berichte aus der Praxis sind auch hier zu finden: http://rett.de/index.php?id=111

Mittwoch, 28. Oktober 2015

28. Oktober - Wird Isabella jemals alleine leben können?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 28. Oktober
"Wird Isabella jemals alleine leben können?"

Kinder mit Rett-Syndrom sind ihr Leben lang auf Hilfe und Unterstützung angewiesen.
Das Rett-Syndrom stoppt die Entwicklung und bringt diese völlig durcheinander, nimmt den Kindern ihre Lautsprache und viele (oder fast alle) körperliche Fähigkeiten.

Rett-PatientInnen brauchen Hilfe bei allen alltäglichen Dingen, wie anziehen, essen, Zähne putzen, Körperpflege. Vorausgesetzt sie können ein bisschen gehen und sind nicht komplett auf einen Rollstuhl angewiesen, benötigen sie natürlich auch Hilfe und Sicherung beim gehen. Vor allem das Treppen-steigen ist meist gänzlich unmöglich.

Die meisten Rett-PatientInnen benötigen täglich Medikamente, um die epileptischen Anfälle sowie die chronische Verstopfung und so manch anderes in Schach zu halten.

Rett-PatientInnen machen viele Therapien, um die vorhanden Fähigkeiten zu stärken und vor allem zu erhalten. Auch kleine größere Fortschritte sind immer wieder möglich, jegliche Bewegung und Förderung ist sinnvoll und wichtig.

Aber über eines müssen wir uns im klaren sein - und das tut weh - verdammt weh ...
Isabella wird niemals alleine für sich sorgen können, sie wird immer Pflege und Hilfe in allen alltäglichen Dingen benötigen. So lange es uns als Eltern möglich ist, werden wir dafür sorgen, dass es Isabella gut geht und sie alles nötige erhält, das sie braucht; sie pflegen, fördern, mit ihr kuscheln und für sie da sein.

Aber was ist, wenn wir als Eltern einmal nicht mehr sein werden? Das ist ein sehr schwerwiegendes, schwieriges und vor allem für mich als Mama sehr emotionales Thema ...

Wir hoffen, ein Zuhause für unsere besondere Tochter zu finden, wo es ihr gut geht und wo sie gerne wohnt, wo ihre Pflege und Betreuung gesichert ist und sie sich bei BetreuerInnenn als auch MitbewohnerInnen wohl fühlt. In welcher Form auch immer sich das dann gestalten wird - das steht noch in den Sternen ...

Dienstag, 27. Oktober 2015

27. Okt - Ist Isabellas Lebenserwartung verkürzt?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 27. Oktober
"Ist Isabellas Lebenserwartung verkürzt?"


Die schwierige Frage nach der Lebenserwartung bekommen wir als Eltern immer wieder gestellt, jedesmal muss ich schlucken, bevor ich zur Antwort ansetze ... ein echt schwieriges Thema:
Grundsätzlich hätten Rett-PatientInnen die gleiche Lebenserwartung wie jeder andere Mensch auch. Aber ganz so einfach ist diese Frage trotzdem nicht zu beantworten:

Rett-typische Problemstellungen wie die Skoliose, Atemregulationsprobleme  und vor allem die von uns allen so gehasste Epilepsie können in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen. Gerade genau diese drei hier genannten Symptome erschweren Rett-Patienten das Leben immens.

Skoliose (Rückratverkrümmung): führt im schlimmsten Fall zur Quetschung der inneren Organe und folglich zur Anfälligkeit der Lunge für Lungenentzündungen, bzw. die Risiken einer bei Sokoliose-OP (Gerade-Richten und Versteifung der Wirbelsäule) sind auch beträchtlich.

Atem-Regulationsproblme (Luft-anhalten oder unregelmäßig atmen): erschweren das normale Atmen, führt aber zB auch zum Verschlucken beim Essen/Trinken, weil das Zusammenspiel Essen-Atmen-Trinken gestört ist, dh die Kinder aspirieren Nahrung in die Lunge (verschlucken sich am Essen) - was zu Hustenanfällen führt. Passiert es öfter, dass beim Verschlucken kleinste Nahrungsteile in der Lunge landen, kann auch das eine Lungenentzündung provoziert.

Epilepsie:  ... was soll ich dazu sagen, ... ein epileptischer Anfall - egal welcher Sorte - kann lebensgefährlich sein

Die Spannbreite ist sehr weit, je nach dem bei welchem Rett-Kind welche Symptome wie ausgeprägt sind. Wo solche Problemherde beim eigenen Kind liegen, weiß wohl jede Rett-Familie ganz genau.

Isabella zeigt derzeit zum Glück noch keinerlei Anzeichen für Skoliose, Atmen-Essen-Trinken kann sie auch noch recht gut und macht es auch gern, die Epilepsie haben wir momentan medikamentös gut im Griff ... also haltet bitte Isabella die Daumen, dass sie auch körperlich noch lange so fit bleibt. 

Wissenschaftlich erklärt findet ihr das alles hier: www.rett.de

Montag, 26. Oktober 2015

26. Okt - Warum heißt diese Behinderung 'Rett-Syndrom'?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 26. Oktober
"Warum heißt diese Behinderung eigentlich 'Rett-Syndrom'?"

Nein, "Rett" ist keine Abkürzung für irgendetwas, nein, es ist der Name des wiener Kinderarztes, Dr. Andreas Rett (Vater der in Österreich sehr bekannten TV-Moderatorin Barbara Rett). Er entdeckte Mitte der 60er Jahre die später nach ihm benannte Krankheit mehr oder weniger durch einen Zufall:

"Eines Tages im Frühjahr 1965 saßen zwei Mütter, die ihre Kinder auf dem Schoß hielten, im Warteraum. Beide Kinder schaukelten hin und her und ihre Mütter hielten ihre Arme fest. Ich kannte die beiden Kinder, die wegen epileptischer Anfälle behandelt wurden, sehr gut. An diesem Morgen ging ich wiederholt an ihnen vorbei und zufällig ließen die Mütter die Arme ihrer Kinder los.

Sofort steckten die Kinder die Hände zusammen und begannen fast identisch aussehende Waschbewegungen. Ich bat die Mütter, diese Bewegungen nicht wieder zu stoppen, und war über die Ähnlichkeiten überrascht: Es waren derselbe starre Blick, der gleiche Gesichtsausdruck, die gleichen schwachen Muskeln und die gleichen stereotypen Bewegungen ihrer Hände. Die typischen stundenlangen Reib- und Knetbewegungen der Hände vor der Brust oder vor dem Mund sind eine der Grundlagen der Diagnose."
(Auszug aus der Wiener Zeitung nach einem Bericht von Friedrich Katscher, erschienen am 05.11.1999)


Sonntag, 25. Oktober 2015

25. Okt. 2015 - Nachdenkliches am Wochenende - "Sie sehen nur eine Frau"

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 25. Okt. 2015
"Nachdenkliches am Wochenende - Sie sehen nur eine Frau


Sie sehen nur eine Frau mit einem behinderten Kind,
doch sehen sie auch, wie glücklich wir sind.
In ihren Köpfen, man kann es gut sehen,
können sie unser Glück wohl niemals verstehen.

... Vielleicht denken Sie auch das arme Kind,
es sollte nicht so leben, denn es ist nicht so, wie andere es sind.
Oder sie denken wohl auch, die arme Frau,
ihr Leben ist schrecklich, das weiß ich genau.

Doch ihr dürft nicht entscheiden, was schön ist, was schlecht,
dazu fehlt euch das Wissen, dazu habt ihr kein Recht.
Woher wollt ihr wissen, wie glücklich wir sind
und das vielleicht gerade wegen diesem ganz einzigartigen Kind!

Ihr seht nur die Tränen, den Schmerz und das Leiden,
ihr habt Recht diese Gefühle lassen sich nicht immer vermeiden.
Doch seht auch die Liebe, die Hoffnung und das Glück,
versucht zu Verstehen, nur ein ganz kleines Stück.

Seht wie das Kind auf seine Weise lacht.
Seht wie das Leben ihm soviel Freude macht.
Seht seine Zufriedenheit, seinen Bewegungsdrang, seine Lust zum Leben,
dann werdet ihr erkennen, ihr braucht ihm kein Mitleid zu geben.

Schaut euch auch die Mutter genauer an,
wie sie es hält, herzt, liebt und auch noch lachen kann.
Sie ist Mutter und stolz auf ihr Kind,
eben so stolz, wie Mütter es auf ihre Kinder sind.

Das Kind ist meine Tochter, mein Sonnenschein,
ohne sie würde mein Leben nur noch sinnlos sein.
Ihr Leben ist nicht einfach, doch schlechter ist es deshalb nicht.
Aus diesem Kind strahlt Lebenslicht.

Ihr Anderen seid ganz anders als wir es sind,
aber ihr redet, singt und spielt auch nicht viel anders mit eurem Kind,
ihr liebt es, seid stolz und für euch ist es das schönste Geschenk,
warum meint ihr, dass ich anders über meine Tochter denk?
(Verfasser unbekannt)


Freitag, 23. Oktober 2015

23. Okt - "Gibt es internationalen Austausch mit anderen Familien?"

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 23. Oktober
"Gibt es internationalen Austausch mit anderen Familien?"



In Deutschland macht dies die überaus aktive "Elternhilfe für für Kinder mit Rett-Syndrom e.V."-  www.rett.de - mit all ihren Landesgruppen. Dort sind auch viele Links internationalen Rett-Organisationen zu finden.



Im Internet ist die deutsche Rett-Elternhilfe auch sehr präsent in Form eines Forums, wo sich Rett-Familien aus dem gesamten deutschsprachigen Raum austauschen, dem www.rettforum.de.


Besonders wichtig für uns ist auch der Austausch mit den Eltern zum Thema Unterstützte Kommunikation und Rett-Syndrom, was AKUK! - "der Arbeitskreis Unterstützte Kommunikation der Rett-Syndrom Elternhilfe - Landesverband Nord e.V." ganz besonders klasse und wertvoll für Eltern/TherapeutInnen/PädagogInnen/BetreuerInnen/... macht!



In der Schweiz gibt es auch eine aktive Rett-Selbsthilfegruppe, die seit kurzem auch wieder über einen Internetauftritt verfügt - http://www.rett.ch.


In Europa gibt es inzwischen in nahezu jedem Land eine solche Selbsthilfegruppe - mehr infos dazu auf der Homepage der RSE (=European Rett-Syndrom-Association):
http://www.rettsyndrome.eu/association-rse/europe/



4th European Congress on Rett Syndrome
Vom 30. Oktober bis 1. November 2015 findet die nächste Europäische Rett-Konferenz in Rom statt. Die Konferenz wird von der italienischen Rett-Syndrom Elternvereinigung AIRETT, mit Hilfe von Rett-Syndrom Europa (RSE) organisiert.

Die Internationale Rett-Organisation IRSF bzw. Rettsyndrome.org:
http://www.rettsyndrome.org/for-families

Donnerstag, 22. Oktober 2015

22. Okt. 2015 - Hat Isabella Epilepsie?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 22. Oktober
"Hat Isabella Epilepsie?"


(c) pixabay http://bit.ly/1Lp7T9E
Epilepsie - das Gewitter im Kopf - leider ja, Isabella lebt auch mit Epilepsie ... dies ist einer der schwierigsten Bereiche bei Rett-Patientinnen. Wenn Anfälle auftreten (manchmal auch etwas vorher u. nachher), ist das Gehirn mit den Anfällen beschäftigt, dh neues zu lernen fällt umso schwerer und gelerntes abzuspeichern ebenfalls, weil die Anfälle das Gehirn wieder "durcheinander bringen" ...

Aktuell ist Isa ganz gut medikamentös eingestellt - sie muss zwei mal täglich eine halbe Tablette nehmen. Zum Glück kennt sie Tabletten-schlucken schon jahrelang und akzeptiert es während des Essens halbwegs gut.

Vor den Tabletten hatte sie schon: 
- Saft (der dann in Haaren, Ohren und am ganzen Oberkörper klebte, weil sie so viel davon nehmen musste, dass sie ihn einfach nicht geschluckt oder ausgespuckt hat) 
- Tropfen (iiiiigiiiiiitttt - waren die grauuuuslich ... wäähhhh, also nein, das hab ich verstanden, dass sie die absolut nicht nehmen wollte)
- auch Granulat haben wir schon durch (ca. Salzkristalle-großes Granulat, unter Marmelade oder Butter gemischt), die Verabreichung klappte eigentlich ganz gut - war aber nach ca. 2 Jahren leider nicht mehr wirksam.

Inzwischen ist das für Isabella passende Medikament in Tablettenform - hoffentlich hilft es ihr noch lange und wir können dabei bleiben. Jede Änderung der Medikamente bringt ungewisse Risiken mit sich (Ausschleichen des vorherigen, Einschleichen des neuen, Nebenwirkungen wie Dauermüdigkeit oder weniger Schlafbedarf, Appetitlosigkeit oder Dauerhunger, oder sogar Haarausfall).

Freilich gibt es genügend Medikamente zur Behandlung der Epilepsie - doch wir wissen aus Erzählungen vieler anderer Eltern, wie schwierig sich das meistens gestaltet, das richtig wirksame zu finden, das auch keine (oder nicht zu viele) Nebenwirkungen mit sich bringt. Daher sind wir sehr froh, dass unsere Tochter mit ihrem Medikament derzeit sehr gut eingestellt ist und dieses auch keine nennenswerten Nebenwirkungen für sie hat. 

In diesem Video wird Epilepsie anhand von Ameisen erklärt - obwohl es befremdlich klingt, wird es aber im Video umso verständlicher:



Kinder und PatientInnen mit Rett-Syndrom entwickeln häufig eine Epilepsie. Manchmal mit wirklich typischen großen sogenannten "grand-mal-Anfällen" - manchmal nur mit sogenannten "Absencen" (kurze Aussetzer). In der Anfangszeit von Isabellas Epilepsie dachten wir, sie sei müde, ... dabei hat sie die Augen so verdreht und hatte einen "schweren Kopf", wegen der vielen Abscencen, die sie hatte, nicht wegen der Müdigkeit ... Die Diagnose Epilepsie erfolgte dann nach einer Abklärung mittels CT, MR und natürlich dem charakteristischen EEG-Befund.

Häufig ist es für die Eltern schwierig, bei ihren Kindern zwischen einem epileptischen Anfall und einem Verhalten, das für das Syndrom typisch ist, zu unterscheiden. Die Mädchen machen oft ruckartige Bewegungen, rollen mit den Augen oder erscheinen abwesend. Dieses Verhalten führt zu Verwechslungen mit epileptischen Krampfanfällen. 
Andererseits können epileptische Anfälle, besonders während der Einschlafphase oder im Schlaf nicht beobachtet werden, obwohl das EEG deutliche Epilepsie-typische Veränderungen zeigt.

Alles in allem ein recht komplexes Thema, diese Epilepsie ...

Mehr dazu könnt ihr hier nachlesen, auf der sehr informativen Seite der deutschen Rett-Elternhilfe: http://rett.de/index.php?id=87 .

Mittwoch, 21. Oktober 2015

21. Okt. 2015 - Was verursacht das Rett-Syndrom eigentlich?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 21. Okt. 2015
"Was verursacht das Rett-Syndrom eigentlich?"

Das für das Rett-Syndrom verantwortliche Gen heißt MECP2. Bei den meisten Kindern mit Rett-Syndrom werden Mutationen (Veränderungen) in diesem Gen gefunden. Das MECP2-Gen ist für die Steuerung von vielen anderen Genen zuständig. 
Es ist wichtig festzuhalten, dass die Diagnose Rett-Syndrom zunächst anhand der klinischen Kriterien gestellt wird. Bis 1999 konnte das Rett-Syndrom nur anhand der Diagnosekriterien, die 1984 auf einem internationalen Kongress in Wien festgelegt wurden, diagnostiziert werden.

In den Labors von Dr. Huda Zoghbi haben Forscher 1999 das Rett (RTT) Gen gefunden. Das Rett-Syndrom wird durch ein mutiertes Gen ausgelöst, das auf dem X-Chromosom lokalisiert ist und MeCP2 genannt wird, mehr dazu hier.

Bei Kindern, auf die die diagnostischen Kriterien zutreffen, kann dann in einem Gentest das MECP2-Gen untersucht werden. Wird eine Mutation gefunden, ist die Diagnose sicher. Findet sich keine Genveränderung, kann dennoch das Rett-Syndrom vorliegen. Bei etwa 5% der Mädchen mit einem klassischen Rett-Syndrom werden keine Mutationen im MECP2-Gen gefunden. Es sollten dann aber andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.

Das MECP2-Gen liegt auf dem X-Chromosom. Dieses kann sowohl vom Vater als auch von der Mutter stammen. Untersucht man die Gene von Vater und Mutter, ist aber in der Regel keine Mutation zu finden. Die Mutationen entstehen überwiegend neu in der Gebärmutter. In wenigen Fällen entstehen Mutationen des MECP2-Gens bei der Bildung der Eizelle.
Da die Jungen vom Vater kein X-Chromosom, sondern nur das Y-Chromosom erhalten, sind sie selten betroffen. Dadurch kann erklärt werden, warum fast ausschließlich Mädchen vom Rett-Syndrom betroffen sind.



Dienstag, 20. Oktober 2015

20. Okt 2015 - Was bedeutet Apraxie?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 20. Okt. 2015
"Was bedeutet Apraxie?"

Apraxie - gestörtes Handlungsvermögen (griechisch „Untätigkeit“), dh eine Störung der Ausführung willkürlicher, zielgerichteter und geordneter Bewegungen bei intakter motorischer Funktion. Durch sensorische Rückkopplung gelingt oft eine gute Kompensation.

Apraxie eine der größten Gemeinheiten bei Rett-Syndrom, man stelle sich vor: "ich weiß, was ich tun will, aber der Befehl vom Gehirn zum Körper wird nicht richtig umgesetzt, ob wohl ich motorisch in der Lage wäre es zu tun, kann ich es trotzdem nicht tun ..." --> wie frustrierend muss das alles sein für Isabella, das täglich ganz oft so zu erleben.

Rett-Kinder leiden oft an solch motorischen Blockierungen, die unkontrolliert auftreten und ihnen erhebliche Schwierigkeiten bereiten, zielgerichtete Bewegungen auszuführen. Der sinnvolle Einsatz motorischer Fähigkeiten ist trotz vorhandener Funktionalität nicht möglich. Die meisten Rett-PatientInnen zeigen größte Probleme in der Handlungsplanung und deren Umsetzung, da einzelne Handlungsmuster hierfür scheinbar nicht abgerufen oder richtig angeordnet werden können.

Im Verlauf der Erkrankung gehen dadurch sowohl die Fähigkeit zum motorischen Agieren, als auch die Fähigkeit zum motorischen Reagieren verloren. Sie müssen immer wieder die Erfahrung sammeln, dass sie auf ihre materielle und personelle Umwelt nur sehr eingeschränkt Einfluss nehmen können. Dennoch bestätigen Beobachtungen immer wieder, dass sie trotz ihres gestörten Handlungsvermögens einen starken Willen zeigen, sich zu bewegen und zu handeln. 
Die Diskrepanz zwischen ihrem eigentlichen Handlungswillen und dem Vermögen, dieses umzusetzen wird im Laufe der Entwicklung immer größer, und verständlicherweise setzt schließlich eine gewisse Resignation ein.

Die Apraxie wird als eine der fundamentalsten Behinderungen beim Rett-Syndrom bezeichnet und hat einen gravierenden Einfluss auf die emotionale Entwicklung sowie auf das Selbstbild der Mädchen. Es ist immer sehr traurig zu sehen, wie sehr sie es möchte - und doch nicht kann ...
eigentlich möchte ich mit meinen Schwestern Keyboard-spielen,
aber meine Hände machen nicht mit - wie "eingefroren" sind sie, diese blöde Apraxie ... 
Das einzige Körperteil, das bei Rett-Patienten NICHT (oder nur ganz selten) von der Apraxie betroffen ist, sind die Augen. Daher kann man an den Augen oft ganz viel ablesen, "die Mädchen mit den sprechenden Augen", sie können ganz bewusst auf etwas/jemanden schauen, auf diese Art Zuneigung oder Abneigung zeigen, Entscheidungen treffen oder auch Aufmerksamkeit erregen, indem sie eine Person/ein Ding ganz konzentriert ansehen. 

Daher führt auch die Technologie der Kommunikationsgeräte mit Augensteuerung bei Rett-PatientInnen oftmals zum Erfolg, denn alle anderen Körperteile sind meist von der Apraxie betroffen. 

Montag, 19. Oktober 2015

19. Okt. 2015 - Benefizkonzert für die ÖRSG Rett-Syndrom-Kinder

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 19. Okt. 2015
Gibt es eine Möglichkeit die Selbsthilfegruppe "Österreichische Rett-Syndrom Gesellschaft" zu unterstützen?
Da die ÖRSG nur geringe Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen erhält, ist der Verein auf Spenden angewiesen, die es ermöglichen unsere Ziele zu erreichen. Im Namen der Selbsthilfegruppe sind wir dankbar für jede Unterstützung und freuen uns sehr, dass uns als Familien mit Rett-Syndrom dadurch geholfen werden kann.

Die ÖRSG ist gerade dabei, das österreichische Spendengütesiegel zu beantragen. Dieses Gütesiegel bietet für potentielle SpenderInnen, SubventionsgeberInnen und Firmen-SpenderInnen die Möglichkeit, die Spenden an die ÖRSG auch steuerlich geltend zu machen (zB beim Einkommenssteuerausgleich).  Steuerlich absetzbar sind Spenden an Non-Profit-Organisationen, die auf der Liste der begünstigten Spendenempfänger des Bundesministeriums für Finanzen aufscheinen.
Spenden ist Vertrauenssache. Das Spendengütesiegel schafft Vertrauen und Sicherheit, der richtigen Organisation gespendet zu haben. 

Eine weitere Möglichkeit wäre, eine Veranstaltung für die ÖRSG zu organisieren. So laden zB heuer die Goldhaubenfrauen des Bezirks Linz-Land zu einem Benefizkonzert zugunsten der Rett-Syndrom-Kinder: Volksmusikabend 

„A lustige Eicht… – g'sungen und g'spielt“


24. Oktober 2015 um 19:30 Uhr
in der Gartenbauschule in Ritzlhof, Ansfelden



Sonntag, 18. Oktober 2015

18. Okt. 2015 - Nachdenkliches am Wochenende - Liebe durch Therapie

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 18. Okt. 2015 
Nachdenkliches am Wochenende - Liebe durch Therapie

Manchmal ist es schwer, alle Therapie-Termine einzuhalten. Der Tag ist nicht lang genug, um alles, was wir wollen, zu erledigen. Eile nie nur von einem Termin zum anderen und vergesse dabei das Allerwichtigste: die Therapie durch Liebe. Sie kommt aus deinem Herzen, deiner Berührung, deiner Stimme – von allen Dingen, die sagen „Ich liebe dich so wie du bist“. Therapie mit Liebe ist die Basis für alle anderen Therapien – Akzeptanz, Schutz, Geduld, Toleranz und Verständnis. 


All die teuren und komplizierten Therapien auf der Welt können nicht ohne sie funktionieren.
Es beginnt damit, dass man sie als wichtigen Teil ihrer Familie, ihrer Gemeinde, ihrer und unserer Welt anerkennt. Die Liebe hüllt sie sanft ein in unseren Glauben, dass sie wertvoll und geliebt ist, unabhängig davon, was sie jemals erreichen wird. Liebe hört ihr Weinen und beruhigt sie, wartet geduldig auf ihr sonniges Lächeln und deckt sie beim Schlafengehen zu. Sie schützt sie, wenn Hindernisse auftauchen, und wiegt sie sanft in schlaflosen Nächten. 

Liebe gibt angesichts des schweren Lebens nicht auf. Sie wird stärker.

Samstag, 17. Oktober 2015

17. Okt. 2015 - Gibt es eine Selbsthilfegruppe?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 17. Okt. 2015
"Gibt es in Österreich eine Selbsthilfegruppe?"


In Österreich kommen jährlich ca. 3 - 5 Kinder zur Welt, bei denen sich später herausstellt, dass sie mit dem Rett-Syndrom leben werden müssen. 
In der Selbsthilfegruppe "Österreichischen Rett-Syndrom Gesellschaft" - kurz ÖRSG sind ca. 100 Familien angemeldet, ca. 20 - 25 Familien treffen sich regelmäßig alle 6 Monate beim Familienwochenende in OÖ bzw. beim Elterntreffen - So zum Beispiel auch wieder heute - näheres dazu HIER.
Hier ein Auszug aus dem heutigen Programm des Elterntreffens:
Früherkennung von Rett-Syndrom
Frühkindliche Lautäußerungen und ihre Bedeutung für die frühe Erkennung von Rett-Syndrom
Erfahrungsaustausch und ÖRSG-News
Wir berichten aus dem Alltagsleben mit RS und geben gemeinsam Tipps weiter
ÖRSG Aktivitäten, News und Termine
Mein Kind ist ANDERS - Unser Leben ist eine Berg-und Talfahrt
Wir meinten jetzt zurechtzukommen - und plötzlich gibt es eine veränderte Situation, eine
neue Diagnose, … Woher die Kraft nehmen? Wer erkennt unsere Erschöpfung? Kann uns überhaupt jemand helfen?






Österreichische Rett-Syndrom Gesellschaft (ÖRSG) ist ein Selbsthilfeverein von selbst betroffenen Eltern (aber auch Ärzten und Angehörigen), die sich als Anlaufstelle versteht. Die Mitglieder versuchen Ängste und Sorgen ein wenig zu verkleinern und bei Bedarf an Ärzte, Therapeuten oder andere Familien zu vermitteln. Es wird Aufklärungsarbeit geleistet, man kümmert sich um internationale Kontakte zu anderen Eltern, Ärzten und Wissenschaftlern.


Jährlich finden ein Familienwochenende und ein Elterntreffen statt. Im Rahmen dieser Treffen werden Eltern und Angehörigen verschiedene Themen rund um das Rett-Syndrom vorgetragen und mit ihnen aktiv erarbeitet. So leisten wir einen Beitrag die Erkrankung Rett-Syndrom besser zu verstehen und damit richtig umzugehen.
 
Im Weiteren werden auch Kontakte unter den Betroffenen gefördert und wichtige Informationen zum Wissensstand über das Rett-Syndrom weitergegeben. Eine, zweimal im Jahr erscheinende Zeitschrift zum Thema Rett-Syndrom und den Aktivitäten der ÖRSG, ermöglicht die österreichweite Weitergabe von informativen Artikeln und Berichten von betroffenen Eltern.

Freitag, 16. Oktober 2015

16. Okt. 2015 - Was hättet ihr gerne vorher gewusst?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 16. Okt. 2015
"Was hättet ihr gerne vorher gewusst?"


12 Dinge über das "Eltern-sein" für ein Kind mit Behinderung, die wir gern gewusst hätten.

Wir entschieden uns Eltern zu sein, aber ein Kind mit Behinderung war nicht Teil unseres Plans. Es fühlte sich an, als hätte uns jemand in die tiefe Seite des Pools geworfen, aber wir wussten nicht, wie man schwimmt oder wir würden Fallschirm-springen gehen und finden dann heraus, dass der Fallschirm nicht öffnet. Zu Beginn als wir Eltern eines Kindes mit Behinderung wurden, glaubte ich, unser Leben würde traurig, begrenzt und irgendwie kleiner. 
Zum Glück, ich war falsch ....

Wir wünschten, wir hätten gewusst, wie es ist, Eltern für ein Kind mit Behinderung zu sein:

1. Die Trauer über die Diagnose ist normal, und sie dauert nicht ewig.

2. Du entdeckst bald, dass die Diagnose deines Kindes nur ein Teil dessen ist, wer es ist, dein Kind wird nicht nur darüber definiert.

3. Du dachtest, du wüsstest, dass bedingungslose Liebe einfach durch das "Eltern-sein" entsteht,
aber dann kam diese kleine Person und sie kreuzte einfach in deinem Leben auf und forderte dein Herz, um wirklich zu zeigen, was bedingungslose Liebe bedeutet. Ohne Bedingungen, ohne Erwartungen zu erfüllen, es ist nur einfach, reine, unverfälschte Liebe. 

4. Einige Leute werden verletzende Dinge sagen. Die meisten wollen nicht verletzend sein, sie sind nur ahnungslos. Versuche, ihnen zu vergeben, erinnere dich, früher warst auch du ahnungslos.

5. Mit wütender Verfechtung wirst du nicht viel erreichen.

6. Hab keine Angst zu erkennen, dass es auch harte Tage gibt. Jeder Elternteil hat sie, und einige Tage sind schlimmer als andere. Mixe Eure besonderen Bedingungen in diese Mischung und du wirst sehen: die Höhen sind wirklich hoch und die Tiefen wirklich tief.

7. Je nach Zustand Deines Kindes, das "große Geschäft" am Klo oder Töpfchen könnte "die-Best-Leistung" aller Zeiten sein!! ;)

8. Du wirst jedes Mal lachen, wenn jemand sagt: "Gott gibt besondere Kinder nur besonderen Eltern.", weil du weißt, du bist nichts Besonderes. Du hast nicht mehr Geduld, Kraft oder Heiligkeit als die Nachbarn von nebenan.

9. Wenn die Leute zu dir sagen: "Ich könnte das nie tun ... ", wirst du zusammenzucken, weil du weißt, dass es nicht schwer ist, dein Kind zu lieben. Es ist einfach das, was Eltern tun. Und du wirst auch wissen, wenn ihr Kind eine Behinderung hätte, sie es genauso tun könnten.

10. Du wirst soo stolz sein, auch auf die kleinsten Erfolge, die dein Kind erzielt. Du wirst dich wie ein Ballon fühlen, mit so viel Freude in dir, dass du jederzeit zerplatzen könntest.  Und manchmal können sich die Nachbarn nur wundern, was in dich gefahren ist, weil du herum hüpfst, jubelst, tanzt, klatscht oder/und du einen Narren aus dir machst - mitten im Garten.

11. Es wird eine klare Unterscheidung geben, zwischen deinem Alten-Ich und deinem Neuen-Ich nach dem du dein Kind mit besonderen Bedürfnissen bekommen hast. Das Neue-Ich hat ein viel besseres Verständnis darüber, was wichtig ist im Leben, darüber, wofür unsere Herzen schlagen, über den Wert allen Lebens.

12. Dein Leben wird reich, gefüllt und bedeckt von Liebe sein. Du wirst Purzelbäume schlagen an der tiefen Seiten des Pools, du wirst den Wind im Gesicht lieben und du wirst lernen zu fliegen.


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Diesen Text haben wir schon mal am Blog gepostet - aber wir finden ihn so wertvoll, daher möchten wir ihn anlässlich des Rett-Syndrome-Awareness-Month 2015 nochmal ins Gedächtnis rufen.

Dieser Text stammt nicht von uns, er stammt von Ellen Slumbo. Aber er hat zu uns gefunden und trifft uns mit voller Kraft. Deshalb haben wir uns entschlossen, ihn auf Deutsch zu übersetzen und hier zu posten.
Die Originalfassung dieses wundervollen Blog-Eintrags von Ellen Slumbo könnt ihr hier nachlesen: http://www.ellenstumbo.com/12-things-being-a-special-needs-parent/)
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Donnerstag, 15. Oktober 2015

15. Okt. 2015 - Was hat Leslie Malton mit Rett-Syndrom zu tun?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 15. Okt. 2015
 "Was hat Leslie Malton mit Rett-Syndrom zu tun?"

Leslie Maltons elf Monate jüngere Schwester Marion lebt mit dem Rett-Syndrom. 
Anfang der 90er Jahre machte der TV-Mehrteiler "Der große Bellheim" die Schauspielerin Leslie Malton berühmt, sie wird mit dem "Bayerischen Fernsehpreis" ausgezeichnet und ist bekannt aus zahlreichen deutschen Fernsehfilmen und Serien.

1958 wird Leslie Malton in Washington geboren, knapp ein Jahr später kommt ihre Schwester Marion zur Welt, beide Kinder entwickeln sich anfangs normal. Doch bei Marion ist etwas anders, ihre Entwicklung stockt und sie verliert die Sprache, sie verlernt, was sie gerade gelernt hat. Die Odyssee zwischen Ärzten und diversen Einrichtungen beginnt. Niemand kann dem kleinen Mädchen helfen. Über 50 Jahre lang weiß niemand, woran Marion erkrankte - wie Leslie Malton und die ganze Familie dabei empfand, beschreibt sie 2013 erstmals in einem Interview („Warum wurde Marion krank und nicht ich?“).

Erst 2012 (!) liest Leslie Malton zufällig diesen Zeitungsartikel des Tagespiegels über das Rett-Syndrom. Plötzlich hat die Behinderung einen Namen - Rett-Syndrom. Leslie Malton trifft sich mit Betroffenen und deren Angehörigen, wird später Botschafterin der "Elternhilfe für Kinder mit Rett-Syndrom in Deutschland".

"Brief an meine Schwester" - so der Titel des Buches, welches Leslie Malton nun veröffentlicht hat. Darin erzählt sie die Geschichte ihrer Schwester und ihre eigene. Ein sehr berührend geschriebenen Buch, das uns als Eltern eines Rett-Mädchens sehr aus dem Herzen spricht, auch wenn das Suchen der Diagnose bei Isabella nicht so lange gedauert hat, können wir doch vieles davon nachfühlen.

Anlässlich der Buchveröffentlichung ist die Schauspielerin auch in verschiedensten Fernsehsendungen zu sehen - einige seien hier genannt:


"DAS!" im NDR:


In diesem Zusammenhang wurde vom NDR auch ein schöner Bericht über Malina, eine junge Frau mit Rett-Syndrom gedreht:

Auch der Tagesspiegel (die Zeitung, in der Leslie Malton den Bericht über Rett-Syndrom damals las) berichte natürlich auch über das neue Buch: 

Mittwoch, 14. Oktober 2015

14. Okt. 2015 - Welche Hilfsmittel benötigt Isabella?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 14. Okt. 2015
"Welche Hilfsmittel benötigt Isabella?"

Unsere besondere Tochter hat einen anderen Alltag, als gleichaltrige gesunde Kinder. Die meisten Menschen, die mit dem Thema Behinderung nicht viel anfangen können, können sich auch in keinster Weise vorstellen, was das im Alltag bedeutet, wie viel Unterstützung Isabella im Alltag braucht, und welche Hilfsmittel nötig sind, um Isabella ein Stück Lebensqualität zu geben.
Ohne Hilfsmittel wäre vieles nicht möglich - oder der Alltag nur unter großen Mühen für Isabella (aber auch für uns als Pflegende) zu bewältigen.

Hier mal eine (wahrscheinlich nicht vollständige) Übersicht, von großen/kleinen und teuren/günstigen Dingen, die für Isabella das Leben erleichtern:

sicheres gehen - mit Kopfschutzhelm
gutes gehen - mit ortopädischen Schuhen
stufenloses wohnen - mit Lift im Haus
stufen-loses heimkommen - über die Rampe vor der Haustüre
sicheres sitzen - im Therapiestuhl
sicheres schlafen - im Pflegebett 
sicheres duschen - in der barrierefreien Dusche und im Dusch- u. Toiletten-Stuhl
sicheres baden - in der höhenverstellbaren Badewanne
gutes sehen - nur mit Brille (7 und 10 Dpt, Spezialschliff "bifokal")
sauberes essen - nur mit den übergroßen Batterl (=Lätzchen)
besser kommunizieren - mithilfe des tobii-Sprachcomputers oder Step-by-Step, usw. ...
erzählen von der Schule - möglich durch das Mitteilungsbuch mit Boardmaker-Symbolen
sicher unterwegs - Kurzstrecken im Rollstuhl
sicher unterwegs - Langstrecken im Multivan mit umgebautem Autositz
sicher am Schulweg - täglich mit dem Samariterbund-Fahrdienst
sicher und entspannt auf der Toilette - am Dusch- u. Toiletten-Stuhl
leichter lernen & beschäftigen - mit Tastern, Spezialsoftware, iPad, ... und anderen technischen Hilfen
freies bewegen im Wasser - mit Spezialschwimm-Flügerln "Kraulquappen"
besseres zeitliches orientieren - mit dem TimeTable und Symbolen
frei durchatmen - mit dem Angel-Vac Nasensauger
frei von epileptischen Anfällen - mit 2x täglich Medikament
frei von Verstopfung - mit täglicher MOVICOL-Dosis
ruhig bei Panik-Attacken - mit der Sanddecke
Schutz vor Stereotypien - die Handschienen
sicher radfahren - mit dem Therapietandem
warme Finger - mit Spezialhandschuhen mit Zipp

Wenn ich mir das jetzt so alles mal durchlese - phuu ... da kommt doch ganz schön vieles zusammen, vieles davon ist mehrmals täglich in Gebrauch, manches nur täglich oder wie die Schwimmflügerl nur gelegentlich und doch - was täten wir ohne sie?

Und obwohl es soo viele sind, wir sind verdammt froh, die Möglichkeit zu haben, diese Hilfsmittel benutzen zu können, nicht nur die großen Hilfsmittel wie unser toller Lift, die Badewanne im neuen Haus, der tolle neue Rollstuhl, ... sondern auch die kleinen Dinge wie die Batterl fürs Essen oder der Nasensauger, oder der Kopfschutzhelm  ...

Jedes dieser Dinge erleichtert Isabellas Leben und trägt so massiv zu ihrer Lebensqualität bei.

Ein herzliches DANKE schön für die Spenden von vielen Firmen, Vereinen, Stiftungen und Privatpersonen, die uns viele dieser speziellen Hilfsmittel und behindertengerechten Ausstattungen ermöglicht haben, die Isabellas bzw. unser Leben immens erleichtern!


Dienstag, 13. Oktober 2015

13. Okt. 2015 - Situation der Finanzierung von Kommunikations-Hilfsmitteln in Österreich

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 13. Oktober
"Thema Finanzierung von Hilfsmitteln - wer bezahlt Isabellas Kommunikationshilfsmittel?"

In Österreich gibt es keinen Rechtsanspruch für KommunikationsHilfsmittel.
Die Finanzierung von Kommunikationsgeräten ist in Österreich entspricht einem bürokratischen Hürdenlauf durch verschiedene öffentliche Stellen, der extrem schwierig zu organisieren ist. 
Einerseits sind viele verschiedene Behörden zuständig, und Organisations- bzw. Finanzierungswege daher sehr langwierig. Andererseits sind elektronische Geräte im Hilfsmittelkatalog der Sozialversicherungen schlicht nicht abgebildet, und daher oft nicht verfügbar.

Aber was heißt das - was bleibt, ist der Weg, selbst zu finanzieren und um Spenden zu bitten, hier erstmal ein DANKE an alle Vereine, Organisationen und Einzelspender, die für Isabella schon so vieles möglich gemacht haben.

Die "UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" macht aber klar - selbstbestimmtes Leben ist nur möglich, wenn man sich selbst ausdrücken kann, sei es durch Sprache, Gebärden oder elektronische Hilfsmittel.

Daher setzt sich auch die Diakonie Österreich  sehr dafür ein, zB voriges Jahr mit der Aktion "Von wegen sprachlos! Wir fordern unser Recht auf Kommunikation und Assistierende Technologien in Österreich" - Isabella und wir waren voriges Jahr auch dabei, bei der Demonstration vor dem Wiener Parlament und haben auch HIER darüber berichtet. 





Auch heuer gibt es wieder eine Aktion dazu - von der wir am Blog schon berichtet haben:

Bitte hilf mit, um Menschen wie Isabella zu ihrem Recht auf Sprache zu verhelfen. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung!

Wir wollen den zuständigen Sozialminister Rudolf Hundstorfer darauf aufmerksam machen, dass Menschen ein Recht auf Kommunikation haben und er dafür Sorge tragen muss, eine ausreichende Finanzierung dafür bereitzustellen.
Jede/jeder kann mitmachen! So funktioniert's:
Einfach die PDF-Datei herunterladen und sich selbst Karten ausdrucken, unterschreiben und verschicken: Postkarte als PDF-Datei

ACHTUNG: diese Aktion wurde nun bis 15. November verlängert!
Sehr viele Postkarten wurden schon an den Minister verschickt - aber es gilt - jede einzelne zählt - daher bitte mitmachen und auch bei Freunden, Familie, Arbeitskollegen das Thema ansprechen und um eine Unterschrift bitten!

Montag, 12. Oktober 2015

12. Okt 2015 - Gibt es ein Risiko für weitere Kinder?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 12. Okt 2015
Gibt es ein Risiko für weitere Kinder?

Das war auch eine unserer ersten Fragen, nachdem die Diagnose uns überrollt hat. Doch zum Glück bekamen wir recht rasch folgende beruhigende Information von der Elternhilfe für Kinder mit Rett-Syndrom e.V. im www.rettforum.de 

"Das Wiederholungsrisiko liegt nach heutigen Erkenntnissen weit unter 0,5%. Aufgrund der wenigen mit dem Gentest bestätigten Geschwisterfälle besteht eine nicht genauer präzisierbare minimale Wahrscheinlichkeit für weitere Kinder mit Rett-Syndrom. Die Möglichkeit einer pränatalen Diagnostik ist gegeben. Diese sollte jedoch individuell und ausführlich im Rahmen einer genetischen Beratung erörtert werden."

Wir sind uns sehr bewußt, welche beiden wundervollen Geschenke unsere beiden gesunden Mädels für uns aber auch für Isabella sind. Wir lieben die drei von ganzem Herzen und nach einigen stürmischen Jahren (in denen die Kinder noch klein waren) ist wirklich schön, eine so große und fröhliche Familie zu sein. Isabella profitiert sehr von ihren Schwestern und - wie alle "besonderen Geschwister" profitieren die beiden sicherlich auch von Isabella. Die drei haben sich unheimlich gern - und leben nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark!" - und manchmal auch "Gemeinsam sind wir unausstehlich!"

Ein Gedicht für Isabellas Schwestern

Seid mir ähnlich,
seid wie ich
und doch andere
Wesen.

Seid ein Teil und
seid mein Leben
und dennoch habt ihr
Eures.

Hab Euch gern
und hab Euch lieb
möchte Euch niemals 
missen!

Sonntag, 11. Oktober 2015

11. Okt 2015 - Nachdenkliches am Wochenende - Die Mini-Dickmanns

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - Nachdenkliches am Wochenenede
Mit den Mini-Dickmanns ist es so wie mit den Menschen (von
Margret Netten)

Der Einkaufswagen war voll bepackt wie bei jedem Großeinkauf im Lidl. Mein 5 jähriger Sohn war guter Dinge und hatte mich ausnahmsweise in keine Diskussionen an den verführerischen Kramständen mit Kindersachen oder an dem Süßigkeitenregal verwickelt. Geduldig schob er mit mir den Einkaufswagen zur Kasse.
Dann fiel mir ein, dass wir das Toilettenpapier vergessen hatten und wir fuhren wieder ein Stück zurück. „Mama, lass mich das machen“, krähte er aufgeweckt und warf schwungvoll ein großes Familienpack Toilettenpapier auf den Wagen.

Im letzten Moment konnte ich noch die Eierpackung auffangen, die ebenso wie die Spaghetti und die Mini-Dickmanns dem Toilettenpapier-Wurfgeschoss im Wagen Platz machten und schwungvoll durch die Luft flogen.
Froh, die Eierpackung noch erwischt zu haben, sah ich wie mein Sohn mit großen Augen und offenem Mund neben mir stand und mit dem Finger an mir vorbei zeigte. „Ups, wahrscheinlich haben wir doch noch was getroffen,“ dachte ich kurz und griff nach der Schachtel mit den Mini-Dickmanns, die an einer Seite aufgeplatzt war und genau neben meinen Füßen lag.

„Die ist ja ganz schwarz und kann gar nicht richtig laufen, Mama,“ sagte mein Sohn laut und zeigte mit dem Finger auf ein dunkelhäutiges und offensichtlich gehbehindertes Kind.
Ich drehte mich um und sah gerade noch wie die Mutter ihr Kind auf die andere Seite des Ganges zog. Mit hochrotem Kopf, der peinlichen Situation voll bewusst, brachte ich nur ein Wort heraus. “Kinder!“ und zuckte verlegen mit den Schultern.
„Schon gut“, sagte die andere Mutter und schubste ihr Kind weiter.

„Wieso ist die so anders, Mama?“ fragte mich mein Sohn.
Ich saß in der Hocke und hielt immer noch die Mini-Dickmanns-Schachtel in den Händen. Da die Schachtel ohnehin etwas aufgeplatzt war, machte ich sie ganz auf.
Ich schaute in die Schachtel. Fein aufgereiht waren weiße, braune und schwarze Mini- Schaumküsse zu sehen, 4 waren vom Sturz nicht mehr ganz heil.
„Einige sind ganz angedötscht,“ kommentierte mein Sohn den Anblick.

„Ja, schau mal genau hin. Eigentlich ist es mit den Mini-Dickmanns wie mit den Menschen. Es gibt sie in verschiedenen Farben“, sagte ich gedankenversunken.
„Und manche sind angedötscht“, korrigierte mich mein Sohn.
Jetzt musste ich doch lachen: „Ja, es gibt weiße, braune, schwarze, „angedötschte“ und welche die ganz sind. Aber eines haben alle doch gemeinsam.“

„Was denn Mama?“
„Na, die Füllung. Innen sind sie alle gleich! Und egal ob sie „angedötscht“ sind oder nicht, sie erfüllen doch den gleichen Zweck: Es sind alles Schaumküsse und sie sollen lecker schmecken. – Hier probiere mal!“ Ich gab ihm einen braunen „heilen“ Mini-Dickmann und er aß ihn rasch auf. Danach gab ich ihm einen braunen „angedötschten“ Mini-Dickmann und er aß ihn ebenfalls hastig auf. „Und, schmeckt der anderes?“ fragte ich ihn.

„Er war genau so lecker wie der andere auch,“ grinste er mich an.
Dann legte er die Stirn in Falten : „Und wie ist das bei den Menschen?“ wollte er nun wissen.
„Na, ganz einfach: Uns gibt es auch in vielen Farben und manche von uns können vielleicht nicht gut laufen, oder sehen oder sprechen. Aber worauf es wirklich ankommt ist das, was unter der Hülle steckt, egal welche Farbe sie hat und ob irgendetwas „angedötscht“ ist oder nicht. Was dann bleibt ist das, was uns wirklich ausmacht und wenn Du so willst sind wir doch alle gleich: Nämlich Menschen.“

Als wir endlich an der Kasse bezahlt hatten und auf dem Weg nach Draußen waren, kam die Mutter des farbigen Mädchens auf uns zu und hielt meinem Sohn eine offene Schachtel mit Mini-Dickmanns entgegen: „Nimm Dir welche“, sagte sie zu ihm.

„Danke,“ sagte sie zu mir gewandt. „Ich habe gehört was Sie ihrem Sohn erzählt haben.“
Dann gab sie meinem Sohn und ihrem Mädchen jeweils einen weißen und einen schwarzen Mini - Dickmann aus der Schachtel. Die Kinder lachten sich beide an und aßen die Schaumküsse in stiller Eintracht genüsslich auf.

Samstag, 10. Oktober 2015

10. Okt. 2015 - Nachdenkliches am Wochenende - "Unser Kind ist behindert?!"

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - Nachdenkliches am Wochenende
"Unser Kind ist behindert?!"

(c) http://www.spruch-des-tages.org
"Das Leben ist nicht zu Ende,
nur weil ein Traum
nicht in Erfüllung geht.
Es hat nur einen Weg versperrt,
damit man einen anderen wählt. 
"Ihr Kind ist behindert". Diese wenigen Worte brachten unsere ganze Welt ins wanken - unser Leben schien aus den Fugen gerissen. Unser Traum ging nicht in Erfüllung, unser Kind ist nicht "gesund und munter" - nein, mit Rett-Syndrom ist Isabella schwerbehindert und ließ uns Eltern und die ganze Familie in ein tiefes Loch der Trauer fallen.

Man trauert aber nicht um das Dasein des Kindes - nein, wir freuten uns, Isabella bekommen zu haben, und lieben sie natürlich über alles, aber die Verabschiedung von der Vorstellung, ein gesundes dh "normal-entwickeltes" Kind zu haben, ist mit vielen Tränen verbunden.
Durch diesen Prozess der Trauer gingen alle Familienmitglieder sehr unterschiedlich. Unwillkürlich tauchte irgendwann die Frage auf  "Warum gerade Isabella - warum gerade wir?!"

http://www.epikurier.de/archiv/ausgabe-42002/
die-trauerspirale-von-e-schuchardt/ 
Nicht in der Aukutsituation der Diagnosestellung, aber einige Zeit später - bei der Familienintensivwoche der Aktion "http://www.glueck-schenken.at/" in Lignano lernten wir bei Fr. Dr. Baumgartner das Modell der Trauerspirale von E. Schuchardt kennen.
Erst diese Trauerspirale erklärte uns, was los war mit uns, warum wir manchmal so aneinander vorbei sprachen - wir befanden uns auf unterschiedlichen Stufen dieses Modells.
Auch heute noch haben wir oftmals dieses spiralförmige bild vor Augen und stellen fest, wir springen darin herum. Es kommen immer wieder Situationen, in denen wir in den Phasen wechseln, erkennen wir das, geht es uns besser und wir als Eltern können mit manchen Situationen besser umgehen.

Als Tipp dazu - zwei sehr hilfreiche Bücher:
Jonas, Monika (1992): Behinderte Kinder – Behinderte Mütter?

... und so haben wir eben den anderen Weg gewählt. Wir gehen diesen anderen Weg gemeinsam mit unserer Tochter Isabella - bei weitem nicht immer voller Freude - aber immer voller Hoffnung!

Freitag, 9. Oktober 2015

9. Okt. 2015 - Kann Isabella gehen?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 9. Okt. 2015
Kann Isabella gehen?

Viele Rett-Kinder sind komplett auf den Rollstuhl angewiesen, haben sogar Schwierigkeiten zu stehen. Aber ja, voller Stolz können wir sagen, Isabella kann noch immer gehen. Allerdings ist es recht wackelig und mit großen Gefahren verbunden. Hingegen Bewegungsübergänge vom sitzen ins stehen oder vom gehen ins sitzen - sind ihr leider nicht möglich. Aber dank vieler Therapien und viel Training im Alltag konnte sie sich die Gehfähigkeit noch ganz gut erhalten.
Sie geht gerne an der Hand und auch frei, wobei ihr beim freien Gehen alleine manchmal schon ein kleines Steinchen am Boden böse zum Verhängnis werden kann. Und wenn sie fällt, fällt sie ohne Schutzmechanismen, sie kann sich nicht auf ihren Händen abstützen, sondern sie fällt mit voller Wucht einfach um. Das passiert nicht oft, aber jedes Mal ist einmal zu viel. So passierte es leider auch im Februar des heurigen Jahres, mit schmerzhaftem Ausgang - siehe hier - wer geht kann auch fallen.

Daher hat sie heuer einen Kopfschutzhelm bekommen, der sie (hoffentlich!) in Zukunft vor solchen Verletzungen bewahren wird.

Natürlich stellt das Gehen für sie eine große Herausforderung dar, dh lange Strecken sind mit Isabella nicht zu bewältigen, daher sind wir oftmals auf den Rollstuhl angewiesen.
Ihr aktuelles Modell ist inzwischen ein echtes "Luxus-Gefährt". Der SwingboPlus von HOGGI, der spielt wirklich "alle Stückerl": Ein wendiger Rollstuhl, mit einem hohen Rücken, rollengelagerter Sitzkantelung und verstellbarer Rückenlehne und Kopfstütze, wenn sie mal müde wird oder einen Epi-Anfall hat, den sie "ausschlafen" möchte.
     
   

Donnerstag, 8. Oktober 2015

8. Okt. 2015 - Was und wie kann Isabella essen u. trinken?

31 Tage Rett - 31 Fragen zu Rett - 8. Okt. 2015
Was kann Isabella essen u. trinken?

Unsere Tochter isst für ihr Leben gern - bevorzugt tpyisch österreichische (meist Fleisch!-)Gerichte.
Wiener Schnitzerl, Schweinebratl, Cabanossi, Butterflesserl, ...
Viele Rett-Kinder benötigen Nahrungssonden, oder das Essen in pürrierter Form, zum Glück braucht Isabella das alles nicht, aber sie isst nur mit einigen Besonderheiten:

- Isabella muss (wie die meisten Rett-Kinder) gefüttert werden, am besten in kleinen Stücken. Das Selber-essen ist aufgrund ihrer Rett-typischen Handstereotypien nicht möglich. Während der Kindergartenzeit konnte sei zwar selber ein Salzstangerl oder ein Cabanossi-Würstel halten und davon abzubeißen. Leider geht das aber inzwischen nicht mehr.
- Isabella braucht Ruhe und viiiiel Zeit für eine Mahlzeit ... - manchmal habe ich das Gefühl, wir füttern sie den ganzen Tag irgendwie, auch wenn es nicht ganz so ist
- Isabella fordert ihr Essen zu ihren ganz fixen Tageszeiten ein - und das kann sie wirklich recht lautstark und standhaft - Mittagessen PUNKT 12 und Abendessen PUNKT 17 Uhr ... da achtet die junge Dame schon drauf, das wir da nicht die Zeit übersehen
- ansonsten hat sie natürlich typisch altersgemäße Vorlieben - und schaut sich diesbezüglich auch von ihren beiden Schwestern so einiges ab :)
- NIEMALS - wirklich NIEMALS ohne Batterl (=Lätzchen) mit ihr essen ... dafür haben wir auch eine ganz wunderbare Lösung gefunden, denn für Baby-Batterl ist unsere Isabella schon lange zu groß.

Katalin H. - eine ganz liebe "besondere" Mama - näht als "Bliblablue vernadelt & verfilzt" ganz tolle Sachen - zB eben auch solche Spezialideen wie unsere extra großen Essens-Batterl für Isabella - natürlich in coolem Design mit lässigen Farben und Stoffen - und wichtig: mit beschichteter Baumwolle als Rückseite, damit nix durchgeht!

Trinken klappt übrigens seit einigen Jahren recht problemlos auch aus Glas und Becher. Doch das war nicht immer so. Eine äußerst hlifreiche Idee zum Üben von Mundschluss und Schlucken beim Trinken bekamen wir damals von einer Logopädin: die selbstgebaute Trinkflasche mit Schlauch.